
Jasper Günther geht nach sechs Spielzeiten schweren Herzens
18. Juni 2025(ts) In den vergangenen knapp sechs Spielzeiten hat Jasper Günther als einer der Leistungsträger dabei mitgeholfen, die Uni Baskets Münster zunächst in der ProB und anschließend in der ProA zu etablieren. Der 26-Jährige schaffte es mit der Mannschaft bis zur historisch ersten Teilnahme des Clubs an den Zweitliga-Playoffs und entwickelte sich als Aufbauspieler unter drei Trainern stets weiter. Nach 168 (von 170 möglichen) Pflichtspielen für die Uni Baskets spricht der „Freigeist“ im Abschiedsinterview über emotionale Jahre voller Leidenschaft, warum Münster für ihn Heimat geworden ist und wem er eine Trainerkarriere künftig zutraut.
GAMEDAY.MS: Jasper, das Brüdertrio der Günthers aus Per, Philipp und dir kommt frisch vom gemeinsamen Ibiza-Trip zurück. Haben deine Brüder dich doch noch zum Verbleib in Münster überreden können?
Jasper Günther: (lacht) Das haben sie nicht mehr probiert. Aber wir haben natürlich vorher darüber gesprochen. Meine Brüder hatten in ihrer Karriere auch einige Entscheidungen zu treffen. Da sind die beiden auch meine ersten Ansprechpartner. Vor allen Dingen wenn es um so Themen geht wie mit der langjährigen Partnerin. Beide hatten dieselben Fragestellungen wie ich jetzt in ihren Zwanzigern während ihrer Karrieren im Profibasketball.
GAMEDAY.MS: Wie sieht es mit deinen Neffen aus, die bei so manch einem Heimspiel auf deinen Ehrenrunden mit Begeisterung dabei waren. Haben die intervenieren können?
Jasper Günther: (lacht). Nein, auch meine Neffen haben nicht mehr interveniert, und die werde ich sicher auch in Köln öfter sehen. Irgendwann wird es andersherum sein und ich komme zu ihren Spielen.
GAMEDAY.MS: Es war eine schwere Entscheidung für dich, die Uni Baskets und Münster zu verlassen. Wie ist deine Gemütslage aktuell? Kommt schon Wehmut auf?
Jasper Günther: Die jetzige Zwischenzeit ist gar nicht so einfach für mich. Münster ist jetzt noch meine Heimat. Wenn ich in Köln war, komme ich zurück nach Hause, weil ich mich hier noch super zu Hause fühle. Ich habe es sozusagen noch vor meiner Nase, dass ich hier noch meine Sachen packen werde und weggehen muss. Die WG mit Julius und Oli oder Cosmo, Wessi, Adam und so viele andere zurückzulassen. Das steht noch alles aus, ihnen allen Tschüss zu sagen. Das fühlt sich gerade nach Abschied und nicht nach Neuanfang an.
GAMEDAY.MS: Du warst hier in Münster nicht nur der Basketballer, sondern ebenso Student …
Jasper Günther: Genau, Münster hat mir ermöglicht, gleichzeitig das Studentenleben zu leben mit dem Sport. Und zu diesem Studentenleben gehört einfach dazu, viele Leute kennenzulernen und hier anzukommen, was Freundschaften angeht. Ich lasse hier auch außerhalb des Sports Freunde zurück, wenngleich auch viele derer tatsächlich sogar mittlerweile in Köln leben.
GAMEDAY.MS: Was waren denn deine Beweggründe, nach sechs Jahren einen neuen Weg einzuschlagen? Welche Pros und Kontras gab es für dich zur Entscheidungsfindung?
Jasper Günther: Es war superschwer, zu entscheiden. Gut, dass du die Pro-und-Kontra-Liste ansprichst, weil die Pro-Münster-Seite sehr, sehr lang ist. Ich war noch nicht in der Situation, dass ich eine Entscheidung treffen musste, wo diese Pro-Seite wirklich groß ist. Ich musste eher eine Entscheidung treffen, die Richtung neuer Lebensabschnitt und raus aus der Komfortzone nach jetzt fast sechs Jahren geht. Für mich ist es eine Entscheidung, etwas Neues über den nächsten Schritt zu wagen, als dass es in Münster nicht mehr passen würde. Ganz und gar nicht. Münster wird mir sehr fehlen. Es ist keine Entscheidung gegen Münster. Das macht es für mich umso schwieriger, wenn ich es vergleiche mit damals in Hagen. Da hat mich Münster angerufen und das war das perfekte Angebot für die damalige Situation. Da musste ich nur zwei Tage darüber nachdenken, diesmal ist es ein Prozess über das letzte Jahr. Letzten Sommer war es noch zu früh. Da war das für mich hier noch nicht abgeschlossen.
„Ich musste eher eine Entscheidung treffen, die Richtung neuer Lebensabschnitt geht.“
Jasper Günther, 2019-2025 Point Guard der Uni Baskets
GAMEDAY.MS: Ist es für dich nicht ein sportlicher Rückschritt, eventuell auch in die ProB zu gehen?
Jasper Günther: Das kann ich nicht leugnen, das wäre es auf jeden Fall. Ich würde jetzt nicht sagen, mich auf die dritte Liga zu freuen. Aber ich freue mich, in einen Verein zu kommen, wo ich glaube, dass der Pfeil nach oben zeigt und es sehr interessant werden kann. Ähnlich war es, als ich nach Münster kam. Natürlich ist das ein Risiko, aber die RheinStars können in den nächsten zwei, drei Jahren für viele Spieler interessant werden, wenn es so läuft, wie sie es planen. Vielleicht ist aber die ProA auch schon zur nächsten Saison in Köln möglich. Das muss man abwarten. Davon war mein Wechsel aber nicht für mich abhängig.
GAMEDAY.MS: Du warst von damals bis heute immer mittendrin und hast in allen sechs Spielzeiten 168 Pflichtspiele bestritten und nur zweimal gefehlt. Wie fällt deine persönliche Baskets-Bilanz aus?
Jasper Günther: Als ich hierhergekommen bin, habe ich direkt von Philipp (Kappenstein) totale Verantwortung bekommen. Ich bin gleich in meinem ersten Spiel gestartet. Das Vertrauen hat man mir von Anfang an gegeben. Ich habe hier mein Selbstbewusstsein in meinem Spiel wiedergefunden. Das war zwischenzeitlich weg, bevor ich nach Münster gekommen bin. Dieses Vertrauen hat mir unheimlich viel gegeben, auch in der Zeit mit Björn und jetzt mit Götz. Man wird vielleicht immer über mich sagen, dass ich einen verrückten Spielstil habe und nicht ganz einfach zu coachen bin. Aber ich habe hier meinen Freiraum bekommen. Als Ziel hatte ich mir gesetzt, mich in der zweiten Liga zu etablieren, nachdem ich das in Hagen zuvor nicht konnte. Das habe ich in Münster durch das Vertrauen von Helge, Philipp, Björn und Götz geschafft und mich zu einem etablierten Zweitligaspieler entwickelt. 168 Spiele haben natürlich auch mit viel Glück zu tun, nicht mal unglücklich auf einem Fuß zu landen oder mit Covid auszufallen. Diese Anzahl an Spielen in sechs Jahren ist bei meinem Spielstil auch nicht selbstverständlich.
GAMEDAY.MS: Wir blicken insgesamt auch mit Stolz auf eure Entwicklung als Mannschaft und deine persönlichen Schritte in den letzten sechs Jahren zurück.
Jasper Günther: Wir sind eine homogene und hungrige Mannschaft. Die Jungs streben danach, ihr maximales Niveau zu erreichen. In einem Verein zu spielen, der einem das Vertrauen gibt, das auch machen zu können, zudem in einer Stadt, die super und lebensfroh ist, plus in einer Halle zu spielen, die immer voll ist, und dazu auch noch Geld zu verdienen: Das ist ein Privileg, Basketball zu zocken und gleichzeitig zu studieren. Vielleicht gibt es in dieser Konstellation eine Handvoll Städte in Deutschland. Deswegen werde ich Münster vermissen, ich schätze das hier super wert, was Helge mir da ermöglicht hat. Ich würde jedem Spieler empfehlen, hier in Münster zu spielen, wenn man die Möglichkeit bekommt.
GAMEDAY.MS: Wenn du deine emotionalen Highlights mit den Uni Baskets hervorheben solltest, welche wären das in erster Linie für dich?
Jasper Günther: Es gibt natürlich so viele positive wie auch negative Höhepunkte. Letztere bleiben natürlich auch hängen und prägten die weitere Entwicklung. Deshalb fällt mir zunächst das entscheidende Aufstiegsspiel in die ProA in Bochum ein. Das war nach der sehr, sehr harten Corona-Saison in leeren ProB-Hallen. Das war wahrscheinlich die schwierigste Zeit für mich als Profi-Basketballer, wo der Spaß nicht so da war wie zuvor. Aber wir hatten es geschafft, uns da durchzukämpfen, bis ins Finale zu kommen und das erste Spiel gegen Bochum zu gewinnen. Und dann verlieren wir in den Schlussminuten in Bochum. Ich weiß noch, dass ich Tränen in den Augen hatte, als ich am Ende von Philipp ausgewechselt wurde, weil unser Team so gut war. Das war eines meiner Lieblingsteams hier mit Malcolm Delpeche und Adam in einem Team, mit Marck Coffin. Das war ein Team, das wahrscheinlich in jeder anderen ProB-Saison aufgestiegen wäre außer gegen das damals ProA-würdige Team mit Geske und wie sie alle hießen.
GAMEDAY.MS: Welchen Höhepunkt hast Du emotional besonders in Erinnerung?
Jasper Günther: Mein positives Highlight war in der vorletzten Saison in der ProA, als wir zu Hause schon zwei Spieltage vor Ende der Hauptrunde vor einer unglaublichen Kulisse gegen Koblenz erstmals die Zweitliga-Playoffs für die Uni Baskets festgemacht haben. Das war ein Sprung nach dem Erlebnis in Bochum, den ich mir drei Jahre später kaum hätte vorstellen können. Mit den Jungs danach zu feiern, das war schon super. Es war auch eine wilde, unvergessliche Saison. Wir hatten eine super Teamchemie.
GAMEDAY.MS: Apropos Teamchemie: Gab es eine Saison, wo es mit ihr vielleicht nicht so hingehauen hat?
Jasper Günther: Überhaupt nicht! Alle hier sind Studenten oder kommen gerade vom College, worüber wir uns sehr gut verstehen. Helge und Götz achten sehr darauf, dass das in der Mannschaft gute Typen sind. Und das funktioniert seit Jahren super. Das macht uns hier auch so stark. Ich glaube, das sieht man auch von außen. Wir haben hier keine Söldner, die hier für ein Jahr unterschreiben und sagen: Heute ist Training und ich gehe zur Arbeit und dann wieder nach Hause. Bei uns sind alle immer sehr lebhaft und haben Lust, etwas zusammen zu machen. Das hilft ungemein. Der deutsche Kern ist hier groß, was immer hilft, die neuen Leute einzubinden. Dafür haben wir immer viel getan, dass die neuen Jungs hier eingebunden werden und sich direkt wohlfühlen. Auch alle, die hier nur ein, zwei Jahre waren, haben sich hier zu Hause gefühlt.
„Die Zeit mit Oli in der WG war toll.“
Jasper Günther, 2019-2025 Point Guard der Uni Baskets
GAMEDAY.MS: Mitspieler gab es so einige in deinen sechs Jahren. Welchen Mitspieler wirst du denn am meisten vermissen? Und mit wem hat es am meisten auf dem Court gepasst?
Jasper Günther: Beim Abschlussgespräch haben Helge und ich auch mal darüber philosophiert und versucht, so etwas wie die beste Starting Five aus Münster zusammenzustellen. Selbst bei einer Starting Five fiel das schon schwer, das irgendwie auf zehn oder fünf Leute herunterzubrechen. Deswegen kann ich die Frage auf gar keinen Fall mit einem Namen beantworten. Da gäbe es so viele Namen. Ohne irgendeine Rangfolge: Die Zeit mit Oli in der WG war beispielsweise toll. Mit Marck Coffin habe ich bis heute noch Kontakt und ihn in Kalifornien besucht. Ich habe die König-Ära am Ende noch miterlebt. Wie gesagt, es gäbe so viele Namen zu nennen.
GAMEDAY.MS: Von welchem Spieler hast du denn vielleicht am meisten gelernt oder profitiert?
Jasper Günther: Das war sicherlich Andi Seiferth, auch wenn er gar nicht meine Position gespielt hat. Wir konnten, auch abseits des Feldes, von ihm so viel lernen. Andi ist das Vorbild schlechthin, obwohl er nur ein Jahr für uns gespielt hat. Dann fängt man trotzdem an zu verstehen, warum so jemand wie Andi so erfolgreich über so viele Jahre in der BBL war. Das kommt über Konstanz, über emotionale Beherrschung, über Leadership, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Das ist ein Spieler, von dem man unheimlich viel lernen kann. Viele unserer Spieler sind dankbar, dass wir ihn miterlebt haben. Spielerisch habe ich aber auch sehr viel von Sigu gelernt. Ebenso von Hilmar. Beide sind super Point Guards, die ich im Training verteidigen musste. Da wird man einfach besser. Die sind noch mal 20 Kilo schwerer als ich, aber genauso schnell. Sigu hat gerne auch mal was zu mir gesagt, was er noch bei mir sieht. Von so einer Person lernt man einfach viel. Und Oli möchte ich nennen, der so etwas wie der dritte Coach der letzten Jahre bei uns im Team ist. Der sieht einfach viel. Ich glaube, Oli wird ein guter Coach werden, was er ja auch irgendwann in Angriff nehmen möchte.
GAMEDAY.MS: Wir wünschen dir viel Erfolg auf deinem weiteren Weg. Danke für alles und eine tolle Zeit mir dir, Jasper!