
Nach reiflichen Überlegungen: Stefan Wess beendet seine Karriere
18. Juli 2025(ts) Stefan Weß reflektiert seine Karriere als Profi-Basketballer, seine Zeit bei den Uni Baskets Münster und seinen Abschied. Im Interview mit GAMEDAY.MS erklärt er, warum er den richtigen Zeitpunkt für sein Karrierende gekommen sah und was seine sportliche Erfolgssammlung mit Kai Häng besonders macht und seine Vorhaben als Sportfan. „Wessi“ nahm sich viel Zeit für das Gespräch, bevor er ein Vorhaben gleich in die Tat umsetzte. Für ihn ging es direkt zur Hyrox-Einheit.
GAMEDAY.MS: Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt fürs Karriereende?
Stefan Weß: Es war ein Gedankenprozess, der langsam gereift ist. Als wir in die ProA aufgestiegen sind, hatte ich damals schon im Kopf, drei Jahre ProA zu spielen, und ich möchte Anfang 30 aufhören. Mir war immer bewusst, bis Mitte 30 möchte ich nicht spielen und lieber zwei Jahre zu früh als zu spät aufhören. Ich wollte nicht das Gefühl bekommen, aus körperlichen Gründen nicht mehr so viel Sport machen zu können, wie man eigentlich möchte, weil es auch für mich sehr wichtig ist, auch nach der Karriere im Basketball weiterhin viel Sport zu machen und fit zu sein. Ich bin einfach ein Sportfan und freue mich, auch wieder andere Sportarten betreiben oder als Zuschauer erleben zu können.
GAMEDAY.MS: An welche Sportarten denkst du in erster Linie?
Stefan Weß: Ich laufe unheimlich gerne und nehme auch an Wettkämpfen teil. Das möchte ich nun intensivieren. Meine Leidenschaft für den Tennissport ist hinlänglich bekannt. Mit meiner Schwester war ich jüngst noch beim ATP-Rasenturnier in Halle. Selbst Tennis zu spielen oder auch mal einen Grand Slam zu besuchen – auch dafür werde ich jetzt wieder viel mehr Möglichkeiten haben. Dann spiele ich auch noch sehr gerne Beachvolleyball und 3×3-Basketball. Die eine oder andere Sportart werde ich sicher auch ausprobieren. Mal sehen, ob zum Beispiel Hyrox etwas für mich sein wird.
GAMEDAY.MS: Für ein Karriereende spielen bei vielen Leistungs- und Berufssportlern aber auch noch weitere Gründe mit entscheidende Rollen. Wie ist es bei dir?
Stefan Weß: So ist es natürlich auch bei mir. Es gab verschiedene weitere Gründe. Für mich war jetzt so langsam der Punkt gekommen, wo der Wunsch danach, mehr Flexibilität als im fest getakteten Basketballeralltag zu haben, immer größer wurde. Vieles ist in der Saison von August bis Mai durch den Spiel- und Trainingsplan vorgegeben und man ist eng eingespannt. Man muss auf vieles verzichten, was mich sehr interessiert: auf Reisen, Freunde oder Hobbys zum Beispiel. Irgendwann hat sich nach so vielen Jahren im Profizirkus die Waage so langsam umgedreht bei mir. Ich möchte jetzt mal eine andere Perspektive auf das Leben haben.
GAMEDAY.MS: Du hast zu Jahresbeginn dein englischsprachiges Masterstudium Information Systems erfolgreich abgeschlossen und bist gleich danach in den Beruf beim REACH eingestiegen. Hat auch dieser Perspektivwechsel zum Karriereende beigetragen?
Stefan Weß: Berufliche Gründe haben auch eine Rolle gespielt. Die Belastung nach meinem Berufseinstieg zu Beginn dieses Jahres ist höher als noch im Studium. Im Studium konnte man manches strecken oder so legen, dass man alles gut mit dem Profibasketball kombinieren konnte. Natürlich könnte man die Stunden im Beruf reduzieren, aber das ist nicht mein Anspruch. Ich möchte mich jetzt auch auf die berufliche Karriere konzentrieren und bin da auch ehrgeizig. Im Bereich Data Science strebe ich mittelfristig schon an, in einem großen Unternehmen anzukommen. Ich möchte auf jeden Fall etwas erreichen.
GAMEDAY.MS: Wenn Du auf deine Karriere zurückblickst: Was hat sie dir ganz persönlich gegeben?
Stefan Weß: Ich habe eine Menge an Erfahrungen sammeln können, die man auch nicht vergisst. Ich habe ganz viele interessante Menschen kennengelernt und Freundschaften fürs Leben geschlossen, die auch abseits des Basketballs halten werden. Bei meinen Mitspielern waren das zum Beispiel Adam Touray oder Kai Hänig, mit dem ich in Oldenburg und Münster zusammengespielt habe. Mit Philipp Kappenstein habe ich immer schon ein sehr enges Verhältnis. Ich habe auch viele Kontakte, ein großes Netzwerk in die berufliche Welt hinein knüpfen können, das man auch nutzen kann. In meine jetzige Tätigkeit beim REACH bin ich auch durch den Basketball über Andi Seiferth gelangt, der mich angefragt hatte.
GAMEDAY.MS: Im Alter von sieben Jahren hast du mit Basketball begonnen. Hättest Du dir als kleiner Junge träumen können, dass so eine außergewöhnliche Karriere dabei herauskommen würde?
Stefan Weß: Mein Ziel war tatsächlich schon als 7-Jähriger, Profispieler zu werden. Als Kind wollte man natürlich in die NBA. Als ich dann später das erste Mal zu den Heimspielen des UBC in die Uni-Halle gegangen bin, habe ich mir gesagt: Okay, ich möchte mal in der ersten Mannschaft für Münster spielen. Da hat man dann schon ein bisschen realistischer gedacht (lacht).
GAMEDAY.MS: Eine so lange Karriere wie deine hat viele Höhen und Tiefen. Wenn du an deine ganz persönlichen Highlights zurückdenkst, welche fallen dir da aus deiner gesamten Karriere vom kleinen Jungen bis heute zum 31-Jährigen spontan ein?
Stefan Weß: Da gäbe es eine Menge an tollen Erinnerungen. Denke ich zuerst an die Erfolge in Münster, war das vor allem der Aufstieg in die ProB, aber auch die erste ProB-Saison, als der Hype in Münster um uns so losging. Das waren über all die Jahre für mich die Highlight-Saisons in Münster. Eine schwierige Phase war für mich die Corona-Saison 2020/21. Nicht zu wissen, wann und ob es wieder in den gewohnten Spielbetrieb geht mit Zuschauern, hat mich schon belastet und an der Motivation genagt. Ein außergewöhnliches Spiel war für mich das ProB-Finale in Münster gegen Leverkusen, was sicherlich eines meiner besten Spiele überhaupt war. Im ersten Viertel hatte ich alleine schon 15 Punkte erzielt, am Ende waren es 22. (Youtube). Ein ganz besonderer Moment war für mich auch mein Buzzer-Game-Winner gegen die Artland Dragons im letzten Jahr.
GAMEDAY.MS: An welche Höhepunkte denkst Du neben Deiner Zeit bei den Uni Baskets besonders gerne?
Stefan Weß: Da stehen zunächst einmal die beiden Back-to-Back-Meisterschaften in der ProB mit Oldenburg ganz weit vorne. Sie waren auch deshalb besonders, sie gemeinsam mit einem Freund, mit Kai Hänig, errungen zu haben, mit dem ich zudem noch Deutscher Vizemeister im 3×3-Basketball geworden bin. Sportlich sicherlich am höchsten einzuschätzen war das Erreichen des ProA-Halbfinales mit den NINERS Chemnitz, wo wir nur knapp am Aufstieg in die BBL vorbeigeschrammt sind. Sehr besonders waren auch meine internationalen Turniererfahrungen mit der Teilnahme an der U18-Europameisterschaft und an der inoffiziellen U18-Weltmeisterschaft, dem Albert-Schweitzer-Turnier, sowie die A2-Nationalmannschaftsgeschichte.
Bleibst du uns, aber auch dem Basketball im allgemeinen verbunden? Kannst du dir eine Tätigkeit im Basketball als Trainer oder als Funktionär vorstellen? Wirst du schon zur neuen Saison bei unseren Heimspielen auftauchen oder brauchst du erst einmal Abstand?
Stefan Weß: Ich möchte schon gerne bei den Heimspielen dabei sein und von den Rängen aus anfeuern. Zum Season Opener kommt Jasper mit den Kölnern zu uns. Ihn zu verabschieden, da möchte ich schon in der Halle sein. Dem Basketball bleibe ich natürlich verbunden, auch wenn ich mir für mich derzeit keine Trainertätigkeit vorstellen kann. Da wäre die ersehnte zeitliche Flexibilität ganz schnell wieder dahin. 3×3 habe ich seit der Jugend immer gerne gespielt und das werde ich auch gerne weiterspielen. Wie intensiv ich das mache, muss man sehen, aber das werde ich in Turnierform weitermachen.