
Trainer-Trio würdigt Stefan Weß’ besondere Münsteraner Karriere
3. Dezember 2025(ts) Felix Engel ist seit einigen Wochen Assistenztrainer bei unserer Mannschaft und verstärkt als Coach unseren Jugend- und Leistungsbereich. Der 34-Jährige spricht über das Zusammenspiel im Trainerteam mit Götz Rohdewald und Thorben Döding. Worauf er sich spezialisiert hat und welche Kapitel er bei uns schreiben möchte, verrät er im UNIBASKETS.MS-Interview ebenso, warum er auch schon als Vortragender in der NBA gefragt war.
UNIBASKETS.MS: Zuletzt warst du als Jugendkoordinator bei Bayer Giants Leverkusen tätig, nun zieht es dich in die Nachwuchsarbeit beim UBC Münster und als Co-Trainer zu den Uni Baskets. Warum?
Felix Engel: Zum einen wollte ich sehr gerne wieder zurück in die Halle. In Leverkusen war ich Jugendkoordinator, dazu Trainerentwickler und sportlicher Leiter im Nachwuchsbereich. Meine Frau, die als Lehrerin arbeitet, und ich hatten Betreuungsprobleme bei unseren noch ganz kleinen Kindern. Da passte die Stelle sehr gut, weil ich nur zwei- bis dreimal in der Woche vor Ort sein musste. Als meine Kinder dann beide in die Kita gehen konnten, wurde der Wunsch in mir groß, wieder als Trainer praxisnah in der Halle zu arbeiten.
Und für mich kam nur Münster in Frage, weil ich durch die Trainerin des JBBL-Teams, Nina Graf, die meine Mentee ist, den Klub von innen schon besser kennenlernen durfte. Andrej König und Philipp Kappenstein kenne ich ebenfalls schon länger und wusste: Das sind zwei super Typen. Helge wollte mich früher mal als Spieler verpflichten, kannte mich auch. Dann gab es einige Treffen – auch mit Götz. Ich habe ihm meine Ideen erzählt und er fand das sehr interessant. Des Weiteren habe ich einfach gesehen, was in den letzten Jahren hier im Nachwuchsbereich passiert ist. Die Kombination mit ProA und 1. Regionalliga, die Möglichkeiten, die es am Pascal-Gymnasium mit der NRW-Sportschule gibt. Da hat alles dann dafür gesprochen, hierherzugehen.
UNIBASKETS.MS: Du bist bei den Uni Baskets vor allem für das Individualtraining im Profi-Team zuständig. Wie kann sich das ein Basketball-Laie vorstellen, was du bei den Baskets tatsächlich machst?
Felix Engel: Eine spannende Frage. Ich habe mich auf den Wurf und grundsätzlich auf das motorische Lernen spezialisiert. Schon Holger Geschwindner hat mit seinem Mentee Dirk Nowitzki damals unkonventionelle Sachen gemacht, die beim differenziellen Lernen extrem viel Sinn gemacht haben für Dirk. Hierbei erzeugt man bei zwei aufeinanderfolgenden Bewegungen Unterschiede, damit der Körper daraus lernt. Im Profibereich ist es noch gang und gäbe, beispielsweise 50 Würfe von einer Position zu nehmen. Ich habe Götze und Helge meine Idee vorgestellt, mehr Variabilität ins Wurftraining zu bringen, wie zum Beispiel von einem Bein zu werfen, aus unterschiedlichen Fußstellungen zu werfen bis hin zu verrückteren Sachen, wie vor dem Wurf eine 360-Grad-Drehung zu machen, um so nebenbei die Augen zu fokussieren und zu trainieren. Ich kümmere mich in den Teamtrainings also vor allem um die Wurfübungen, daneben auch um Finishing- und Kleingruppen-Themen in der Spielvorbereitung.
UNIBASKETS.MS: Mit welchen Spieler der Uni Baskets arbeitest du insbesondere zusammen?
Felix Engel: Ich arbeite intensiver mit Jason zusammen, weil sein Wurf eine etwas größere Baustelle ist. Mein Ansatz bei ihm ist nicht, wie meine Vorstellung eines perfekten Wurfs auszusehen hat, sondern ich glaube daran, dass jeder Mensch unterschiedliche physiologische Voraussetzungen mitbringt und er für sich herausfinden muss, was für ihn funktioniert. Und meine Aufgabe ist es, herauszufinden, ob es disfunktionale Bewegungsmuster in seinem Bewegungsablauf gibt, die ihn daran hindern, erfolgreich zu sein. Bei Jason war es so gewesen, dass er den Release-Punkt sehr weit oben hatte. Wir haben daran gearbeitet, dass wir ihn weiter nach unten bekommen, damit sein Wurf stabiler wird.
Ich habe ihn zunächst 100-mal werfen lassen und seine Fehlwürfe quasi geclustert. Spannend bei ihm: Sein Wurfbild war sehr divers. Als wir herausgefunden hatten, woran das liegen könnte, haben wir gemeinsam erarbeitet, den Release-Punkt weiter nach unten zu bringen. Jason hat dann im Training ganz viel aus verschiedenen Situationen geworfen, damit er und sein Körper lernen, sich daran zu gewöhnen.
UNIBASKETS.MS: Du arbeitest auch gemeinsam mit Cheftrainer Götz Rohdewald. Wie sind deine bisherigen Eindrücke von ihm?
Felix Engel: Absolut wertschätzend, absolut offen, absolut neugierig! Das Zusammenspiel zwischen Thorben, Götz und mir ist einer der Gründe, warum mir das in Münster so viel Spaß und Freude bereitet. Auch dass Götz so offen für meine neuen Ansichten war, fand ich total spannend und bin total dankbar dafür. Und auch für meine persönliche familiäre Situation mit den Kindern gibt es vollstes Verständnis. Ich bin dreimal die Woche im Training und bei den Heimspielen. Ich fühle mich super integriert und gewertschätzt.
UNIBASKETS.MS: Du bist auch Vortragender bei internationalen Veranstaltungen, hast zum Beispiel in der NBA bei den Cleveland Cavaliers (NBA) über das differenzielle Lernen und den Wurf referiert. Wie kam es dazu?
Felix Engel: In die NBA kommt man natürlich nur über einen Kontakt. Ich habe beim Assistenztrainer der Cleveland Cavaliers, Alex Sarama, hospitiert, als er noch in London war. Seit dieser Zeit ist ein freundschaftliches Verhältnis entstanden. Alex hat mich dann eingeladen, bei den Cavaliers mit Candy Atkinson, der „NBA-Coach of the Year“ war, einen Vortrag über das Werfen und meine Ideen zu halten, wie man in der NBA differenzielles Lernen und mehr Variabilität im Wurftraining einbringen kann. Das differenzielle Lernen hat Prof. Dr. Wolfgang Schölhorn schon in den 2000ern publik gemacht. Thomas Tuchel war bei ihm, die Barca-Trainer waren alle bei ihm.
UNIBASKETS.MS: Kannst Du das differenzielle Lernen vereinfacht auch einem Laien näher bringen?
Felix Engel: Kinder haben von Natur aus viel Variabilität in ihren Bewegungen. Wenn wir größer werden und Bewegungsmuster gefestigt sind, dann ist mein Ansatz, wieder mehr Variabilität ins System zu bekommen, damit Athleten hieraus wieder lernen. Man hat herausgefunden, dass selbst bei so gescripteten Dingen wie dem Freiwurf auf höchstem Level unterschiedliche Gelenkstellungen und -winkel bestehen, obwohl jeder für das menschliche Auge gleich aussieht. Physiologisch ist es also nicht möglich, einen Wurf hundertprozentig gleich zu wiederholen.
UNIBASKETS.MS: Von der Logik her spräche dies gegen eine zu frühe Spezialisierung im Kindesalter …
Felix Engel: … Gemau! Deswegen ist eine vielseitige motorische Ausbildung in jungen Jahren so wertvoll für Kinder. Für zu frühe Spezialisierung ist unser Körper nicht ausgelegt, sondern für Variabilität und Anpassungen. Schaut man auf schwere Verletzungen wie Kreuzband- oder Achillessehnenrisse in der NBA, die wir früher erst mit Ende 30 gesehen haben, sehen wir sie jetzt in der NBA mit Anfang bis Mitte 20. Das gab es früher nicht, weil früher nicht so früh spezialisiert worden ist wie heute. Ein breites Bewegungsangebot zu fördern – gerade bei Teamsportarten – ist wichtig. Als sportlicher Leiter habe ich gesagt: Erst in der JBBL müssen die Spieler sich für eine Sportart entscheiden. Davor können Sie gerne nebenbei andere Sportarten betreiben. Einer unserer besten Spieler in der U14 in Münster spielt gleichzeitig noch Fußball.
>UNIBASKETS.MS: In der Nachwuchsarbeit des UBC Münster betreust und förderst Du Talente im Übergang zwischen NBBL und Herrenbereich. Was macht das für Dich so spannend?
Felix Engel: Junge Menschen begleiten und unterstützen zu dürfen, mitzuerleben, wie sie jeden Tag ein Stückchen besser werden und wie viel sie investieren neben der Schule, obwohl sie noch nicht bezahlt werden, gibt mir sehr viel. Wie sie plötzlich große Schritte machen, nachdem lange kaum etwas passiert ist in ihren Entwicklungen: Das ist schwer in Worte zu fassen. Es ist unbezahlbar, wenn dann Sachen funktionieren, die im Spiel lange nicht funktioniert haben. Das macht die Arbeit generell mit jungen Menschen und im Nachwuchs aus und so besonders.
Ich bin mit Edgars Ikstens zusammen für die U18 zuständig, der in mehreren UBC-Teams unterwegs ist. So hat er mehr Zeit – vor allen Dingen für die 1. Damen. Viele Spiele der U18 übernehme ich und auch das Teamtraining donnerstags. Zusätzlich bin ich dreimal die Woche mit Andrej König vormittags im Training am Pascal, meist mit den Jungs in Kleingruppen.
UNIBASKETS.MS: Wie hast Du im Rückblick den Rollenwechsel vom Spieler zum Trainer vollzogen? Du wurdest seinerzeit in Bochum ja ins kalte Wasser geworfen …
Felix Engel: Im Nachhinein betrachtet war es schwierig für mich, weil du von Trainern in deiner Karriere geprägt wirst. Ich hatte wirklich viele gute Trainer, aber auch welche, bei denen ich wusste: Das möchte ich als Trainer auf jeden Fall anders machen. In meiner Anfangszeit habe ich unterschätzt, dass ich zu sehr ein Trainer sein wollte, der von seinen Spielern gemocht wird, weil ich immer gut funktioniert habe, wenn ich ein starkes Vertrauensverhältnis zu meinem Trainer hatte.
UNIBASKETS.MS: Was schafft denn Deiner Ansicht nach Vertrauen in einem nicht immer einfachen Gebilde wie einer Mannschaft mit verschiedensten Charakteren?
Erst im Laufe meiner Entwicklung als Trainer habe ich erkannt, dass in dieser Führungsposition konsequentes Regeln- und Absprachen-Einhalten Vertrauen schafft. Ähnlich wie es beim Elternsein jetzt auch ist. Man liebt seine Kinder, sagt auch manchmal nein und ist extrem konsequent, auch wenn die Kinder das in dem Moment nicht toll finden. Die verstehen das dann aber oft später genau. Und mit Spielern ist das genauso. Mein Lieblingsbeispiel ist immer, wenn jemand bei mir im Training nach einem Ballverlust nicht zurück sprintet. Das widerspricht meinen Werten, für die ich stehe. Hat das früher mein bester Spieler gemacht, habe ich das nicht thematisiert, was natürlich alle anderen Spieler wahrnehmen.
UNIBASKETS.MS: Was hat Dir für diese Entwicklung vor allem geholfen?
Felix Engel: Durch Mentoring, Feedback, andere Trainer, die bei mir waren und mir gute Fragen gestellt haben, und die Nachwuchstrainerausbildung habe ich verstanden: Ein Raum der sozialen Sicherheit darf konsequent bis tough sein. Dann entstehen sowohl Vertrauen als auch Potenzialentfaltung. Es gehört dazu, harte Entscheidungen zu treffen. Das war für mich absolut das Schwerste. Heute fällt mir das manchmal auch noch schwer, als Papa aber mehr als als Trainer (lacht).
UNIBASKETS.MS: Beim 41Campus, dem Bildungsportal der Dirk-Nowitzki-Stiftung, hast Du die GameChanger-Ausbildung für werteorientiertes Leadership gemacht. Worum geht es da genau?
Felix Engel: Besonders an dieser Ausbildung war, dass es dort nicht um sportspezifische Inhalte ging, sondern um wertebasiertes Coaching, um Kommunikation und Konfliktmanagement. Meiner Erfahrung nach geht es häufig nicht um das Fachliche, sondern eher um die Beziehungsebene. Ich bin generell ein sehr neugieriger, interessierter Mensch. Das Programm mit drei Modulen hat mich damals angesprochen und würde ich jedem jungen Trainer immer empfehlen. Ich bin mittlerweile auch Trainer-Mentor für den DBB und für die easyCredit BBL und begleite momentan drei Trainerstudenten in der Nachwuchs-Trainerausbildung und gebe Feedback. Natürlich geht es im Training um gruppentaktische Sachen, aber eben oft auch um Didaktik, ganz viel um Sprache und Werte. Bei der Gamechanger-Ausbildung geht es viel darum, sich darüber Gedanken zu machen: Wer willst du als Trainer sein? Was ist dir wichtig? Und wenn du das weißt: Wie will ich mein Training gestalten, wie meine Kommunikation? Darum geht es.
UNIBASKETS.MS: Mit Deiner Familie hast Du eine Vorliebe für das Reisen mit dem Wohnmobil. Warum sucht ihr die ungebändigte Natur?
Felix Engel: Bevor unser erster Sohn auf die Welt kam, haben meine Frau und ich einen Citroën Jumper gekauft und den ausgebaut. Ein Mammutprojekt. Wenn wir mal in der Elternzeit sein würden, wollten wir unbedingt länger verreisen. Zwar war ich gerade JBBL-Trainer des Jahres geworden. Zwei Wochen nach dem JBBL-Top-4 sind wir für fünf Monate in Elternzeit gegangen. Wir sind durch Frankreich, Spanien und Portugal gefahren. Wir sind beide Wellenreiter, sind dann von Küste zu Küste. Es war mit die beste Entscheidung, die wir getroffen haben. Ich hatte eine tolle Zeit mit meiner Frau und meinem Sohn, als er noch klein war. Auf der Reise haben wir dann Steffen Hamann kennengelernt, der uns nach Portugal eingeladen hat. Unsere Frauen sind mittlerweile befreundet, ich mit Steffen seitdem auch. Unsere Söhne sind fast gleich geboren, nur drei Tage auseinander. Ich war auf seiner Hochzeit. Im Van hast du so wenig Sachen dabei. Ich habe gemerkt, mit wie wenig man glücklich ist.









